Bereits im Herbst 2019 wurde die Zeitkapsel durch den Kirchenvorstand geöffnet.
Anlass dazu war die Tatsache, dass die Tragstange der Kugel und des Wetterhahns so stark verrottet war, dass diese herabzustürzen drohte.
Das jüngste Dokument war aus dem Jahre 1956, welches auch das Jahr war, in dem die Turmkugel anlässlich eines undichten Turmdaches das letzte Mal geöffnet wurde. Die ältesten, noch leserlichen Dokumente, stammen aus dem Jahr 1826.
Die Übersetzung der Schriften aus dem Altdeutschen bzw. Sütterlin, erfolgte mit dem Online-Übersetzer Transkribus. Leider sind einzelne Passagen im Text für den Übersetzer, wegen handschriftlicher Eigenheiten bzw. Knicke im Papier, schwer les und übersetzbar.
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Ebenso haben wir die Texte keiner Rechtschreibkorrektur unterzogen und alle Rechtschreibfehler sowie Fehler in der Satzzeichensetzung so belassen, wie sie übersetzt wurden.
Niederschrift.
Aufgenommen in der Sitzung des Gemeinderates in Gochsheim den 2. September 1926 die Helmstange mit Kugel, Kreuz und Hahn stand schief; der Hahn als Wetterfahne konnte sich nicht mehr drehen, weshalb mit Gem. Beschluss vom 23.8.26 die Wiederinstandsetzung derselben angeordnet wurde. Bei der Abnahme war das Mantelblech der Helmstange durchgerostet, es wurde durch ein neues ersetzt. Die Kugel war von Geschossen durchlöchert. Des in ihr verwahrt gewesene Glas, welches die sämtl. Wiedereingelegte Schriften waren zerbrochen. Es wurde ganz entfernt u. durch die blecherne Hülse, angefertigt von dem Spengler u. Installateur Karl Bernhardt hier, ersetzt die Kugel wurde ausgebessert u. neu vergoldet, das Kreuz mit Stange musste instand gesetzt u. neu gestrichen werden. Der Hahn wurde wieder neu vergoldet. Die Arbeiten wurden von dem Dachdecker Georg Gradler von hier unter Mithilfe des Schlossers sonst Jäger, wohnhaft in Gochsheim, ausgeführt.
Die notwendigen Gerichte stellten der Zimmergeschäftsinhaber Konrad Sauer u. sein Sohn der Zimmermeister Rudolf Sauer in Gochsheim mit auf. Ausweislich der in der Kugel verwahrt gewesenen Schriften, war diese im Jahre 1880 zum letzten Male abgenommen. Weiter lässt sich aus den Aufzeichnungen feststellen, daß der Knopf der Kirchturmspitze 1818 1826 1844, 1862 u. 1580 geöffnet war. die in einem Briefumschlag wieder beigelegten alten vermoderten Schriften waren bereits, 1818 schon nicht mehr leserlich. Es konnte nur die Jahreszahlen 1804 1783 entziffert werden; was jedoch da geschehen sein soll, ist nicht bekannt. Somit war seit über 100 Jahren die letzte Zeit (1880-1926=46 Jahre die längste Periode, in welcher die wieder hergerichteten oben angeführten Gegenstände von keiner Menschenhand berührt wurden, Auch dürfte diese Zeit in jeder Hinsicht gewesen sein, die jeweils eine Generation miterlebt haben kann. Es seien hier nur einige Ereignisse aus den letzten 12 Jahren angeführt. Als im Jahre 1914 der große Weltkrieg entbrannte, der bis November 1918 andauerte, mussten aus hiesiger Gemeinde insgesamt 400 Männer, Väter Söhne zu den Fahnen eilen, wovon 81 Helden infolge Todes bzw. Vermisst sein nicht mehr heimkehrten. In wie vielen fällen mag wohl die Kugel der Kirchturmspitze als höchster sichtbarer Punkt den letzten Gruß der Ortschaft den ins Feld gezogenen u. nicht mehr zurückgekehrten Bürgern entboten haben?
Während die zum Heere Eingezogenen als Soldat ihre Pflichte erfüllen mussten hatten zu Hause, die nicht mehr wehrpflichtigen älteren Männer sowie Schüler u. Jünglinge unter 18 Jahren mit den Frauen u. Mädchen die sämtl. Felder zu bewirtschaften. Infolge der ständig gewachsenen Lebensmittelnot musste aus dem heimischen Grund u. Boden herausgezogen werden was möglich war bereits im 2. Kriegsjahre (1915) wurde von der Regierung die Rationierung des Brotes anberaumt
Schriften aus dem Jahre 1880